Montag, 16. November 2015

Ich frag mal nach... bei Mave O'Rick

„Ich kann mir nicht vorstellen, wie Leute nicht kreativ sein können

Die Frau von den Stadtwerken, die mich dabei stört, Informationen zu Mave O’Rick zu sammeln, möchte Sarah Jürgens sprechen. Ich würde gerne helfen, aber leider wohnt bei mir in der Wohnung keine Sarah. „Bin ich da also auch nicht in der Elisabethstraße“, stellt die Frau eher resigniert fest, als das sie es noch hoffnungsvoll fragt. Ich verneine und bitte sie darum, mir zu sagen, welche Nummer sie denn eigentlich wählen wollte. Sie nennt mir meine Nummer und nun bin ich verwirrt. Sie hat sich ebenso wenig verwählt, wie vor ein paar Tagen irgendein Sven, der irgendeine Sarah sprechen wollte und wie diese Firma aus München, die dachte, sie könnten hier eine Frau Jürgens erreichen. Beides hakte ich ab unter „Verwählt“, nun kann ich es in einen Zusammenhang bringen: Sarah Jürgens und ich haben offenbar sehr ähnliche Telefonnummern. Ich beschließe, in der Elisabethstraße nach ihrem Klingelschild zu suchen, um mein unfreiwilliges Call Center-Dasein zu beenden. Mave O’Rick muss warten.
Die Elisabethstraße geht bis Nummer 110. Frau Jürgens wohnt mit drei anderen Menschen in einer, sagen wir mal, bewusstseinserweiternden WG. In der 104. Das ist ziemlich blöd, weil ich natürlich bei 1 anfing und nicht bei 110. Ich erläutere Sarah mein Problem und habe schon nach einem Satz das Gefühl, dass sie erstens nichts versteht und dass es ihr zweitens egal wäre, würde sie es verstehen. Sie schlägt vor, ich solle ihre Nummer doch einfach das nächste Mal weitergeben. Ich entgegne, dass ich nicht ihre Sekretärin sei. Immerhin ist Sarah so nett, mir nach langem Suchen ihre Telefonnummer zu geben. Sie ist elementar anders als meine und sogar noch um eine Stelle kürzer. Meine Hoffnung, Sarah hätte im Rausch versehentlich einen Zahlendreher produziert, als sie ihre Nummer weitergab, zerschlägt sich.
Ich rufe meinen Telefonanbieter an und frage nach. Eine Frau Jürgens sei bei ihnen keine Kundin, aber meine Nummer gehörte, bevor ich sie bekam, zu einem Anschluss in der Elisabethstraße 103. JETZT fühle ich mich bekifft.

Mave O’Rick hat in der Blüte seiner Jugend und auch danach noch regelmäßig gekifft, erzählt er mir. Okay, er ist Künstler, da gehört sowas zum guten Ton. Er freut sich also über meine Geschichte, als ich sie ihm später erzähle.

Und was ist die beste Geschichte, die du erzählen kannst?
Ein Freund erzählte mir mal über ein Erlebnis eines schwulen Paares, mit dem er weitläufig bekannt war.
Fängt gut an.
Die hatten einen großen Hund, fast schon ein Pony. Und sie hatten einen Staubsauger, so ein modernes Teil, das man programmieren kann und das sich dann merkt, wo es jeden Tag in der ganzen Wohnung saugen soll. Unglücklicherweise bekam der Hund Durchfall. Aber der Staubsauger rotierte trotzdem in der Wohnung und transportierte den Durchfall dieses extrem großen Hundes quer durch alle Räume.
Ach du Scheiße.
Ich hab keine Ahnung, ob das wirklich so passiert ist. Aber mir gefällt die Vorstellung. Wahrscheinlich muss der Hund für die Geschichte auch groß sein. Mit einem Jack Russell-Terrier wäre sie nur halb so lustig.

Okay, direkt zu Beginn des Gesprächs sind wir niveaumäßig schon ziemlich weit unten angekommen. Weiß nicht, wo das hinführen soll. Ich werde versuchen, das Gespräch möglichst schnell auf „Musik“ zu bringen. Denn: Mave O’Rick ist Musiker. Künstler. Er schreibt seine Songs selbst und hat schon, so verlangt es das sympathische Künstler-Klischee, in seiner Jugend in Bands gesungen und eigene Songs geschrieben. Weil er zwar nicht alles auf die eine Musiker-Karte setzen, aber trotzdem nie davon lassen konnte, hat er 2008 sein erstes eigenes Album veröffentlicht: „Self Supported Superstar“ ebnete ihm den Weg auf zahlreiche CSD-Bühnen im In- und Ausland. Mit „Neo Messiah“ (2011) und „Tanzflur Master“ (2014) legte er musikalisch nach und wo er schonmal dabei war, kreativen Output zu produzieren, folgte nun auch noch das Buch zur CD. Das ist eine ungewöhnliche und zugleich so schöne Idee, dass wir unter anderem darüber sprechen wollen. Und über Musik und Kunst im Allgemeinen. Denn Mave O’Rick macht Musik, weil er es will (und kann) und nicht wegen des Nachruhms.
Und wer als Independent-Popsänger schon auf der ein oder anderen Bühne stand, kann darüber sicher auch noch mindestens eine schöne Geschichte erzählen. Also los:

Ich hatte einen Auftritt beim CSD in Iserlohn. Das letzte Lied war „Keine“, ein Song, in dem ich aneinanderreihe, was ich hasse. Die letzte Zeile des Songs ist ein schönes, kraftvolles „Fick dich“. Ich hatte mich so in Rage gerappt, dass daraus irgendwie „Fick dich Iserlohn“ wurde. Ich hatte das selbst gar nicht gemerkt und weiß nicht, wo das herkam. Mein Freund stand im Publikum und dem war es richtig peinlich.
War’s dir unangenehm?
Ich hab es ja nicht mitbekommen. Auf dem Heimweg hatten wir Aufenthalt am Hauptbahnhof Dortmund, wo uns plötzlich ein Typ anquatschte: „Warst du nicht vorhin beim CSD Iserlohn und hast am Ende ,Fick dich Iserlohn‘ gesagt? Ey, das war das beste Lied.“ Also, im Nachhinein find ich es ganz lustig und im Grunde war es ja nur eine nett gemeinte Verabschiedung.
Mave O’Rick ist ja, Überraschung!, ein Künstlername. Hätte Maik, so wie du eigentlich heißt, sich getraut, auf einer Bühne laut „Fick dich“ zu rufen?
Wahrscheinlich schon. Auf der Bühne bin ich sicher selbstbewusster, weil ich da halt auch eine Show mache. Dieses Selbstbewusstsein kam mit der Zeit auch privat immer stärker durch.
Wie sehr unterscheiden sich noch Mave und Maik?
Sie unterscheiden sich grundsätzlich nur in Oberflächlichkeiten, weil ich natürlich privat nicht so gestylt bin wie auf der Bühne. Ansonsten: 100% gleich. Manche Sachen würde ich privat nicht sagen, das ist klar. Aber ich verstelle mich auf der Bühne nicht. Mein Bühnen-Ich ist nur eine andere Facette von mir. Also: was Mave singt, vertritt auch Maik. Sonst würde es nicht gehen.
Ist Mave O’Rick nicht dennoch eine Kunstfigur?
Nein, es ist nur ein Künstlername. Wenn du das wegen meiner Kleidung fragst: jeder, der auf die Bühne geht, kleidet sich dort anders als privat. Es ist in gewisser Weise mein Berufs-Outfit und Teil der Antwort auf die Frage „Was will ich eigentlich auf der Bühne machen?“ Ein Tennis- oder Golfspieler muss sich auch was anderes anziehen in Ausübung seines Berufes, als wenn er privat grad einkaufen geht.
Woher kommt der Name Mave O’Rick?
Ich bin Madonna-Fan, ihr eigenes Plattenlabel heißt Maverick. So wollte ich heißen und das kam als Textzeile auch in einem meiner ersten Songs vor. Dann stellte sich aber raus, dass der Name geschützt ist durch Madonna. Da ich die Textzeile nicht ändern wollte, variierte ich es etwas und so kam es zu Mave O’Rick. Jetzt hat es etwas angenehm Schottisches oder Irisches.
Du hast eben gesagt, dass das Selbstvertrauen von der Bühne auch privat immer stärker durchkommt. Heißt das, du bist oder warst privat nicht so selbstbewusst?
Privat bin ich manchmal sogar eher schüchtern. Immer dann, wenn ich mich unterlegen fühle. Ich gliedere mich in Gesellschaften gerne ein. Wenn da aber eine Person ist, die bewusst viel Raum einnimmt, dann fühl ich mich unterlegen.
Du nimmst dafür auf der Bühne Raum ein.
Ja, weil jeder Künstler einen gewissen Geltungsdrang hat, einen Exhibitionismus. Sobald man etwas Künstlerisches auf die Beine gestellt hat, entsteht dieses Denken: ich bin was Besseres. Damit nimmt man Raum ein, weil man es will. Das ist das Bühnen-Ich.
Etwas selbstverliebt, oder?
Ja, stimmt schon. Selbstverliebtheit ist keine sympathische Charaktereigenschaft. Aber es wird durch die Kunst zu etwas Gutem. Das ist wahrscheinlich auch der Unterschied zwischen Beruf und Berufung. Singen, auf der Bühne stehen, kreativ sein: das ist meine Berufung. Weil ich mich nicht dagegen wehren kann. Und weil Kunst mein Ventil ist. Ohne Kunst wäre ich ein ziemlich schlechter Mensch. Na gut, vielleicht bin ich das auch so.
Wenn man sowas macht, will man ja auch möglichst viele Menschen damit erreichen. Dennoch sagst du: wie viel das sind, ist mir egal.
Es wäre sicher gelogen, wenn ich sagen würde: ich möchte nicht berühmt sein. Ich möchte im Zweifel auch lieber berühmt als reich sein. Aber ich mach die Musik tatsächlich nicht mehr für den „Fame“, weil ich weiß, dass Ruhm nicht jedem vergönnt ist. Kann er ja auch nicht sein. Also hab ich für mich beschlossen: es ist mir egal, wie viele mich kennen. Ich mache einfach trotzdem weiter.
Aber Applaus und Zustimmung ist wichtig.
Ob es wichtig ist, weiß ich nicht. Aber es ist angenehm und macht süchtig. Es ist schon cool, wenn da vor der Bühne 6000 Leute stehen, wie beim CSD auf dem Wiener Rathausplatz. Aber es ist auch okay, wenn beim CSD in Wuppertal nur 5 Leute zuhören.
Aber es ist schon geiler bei 6000 Leuten. Und es ist auch geiler, wenn dir jemand sagt „Ey, das ist richtig gut“ als „Naja, das gefällt mir gar nicht.“
Klar, aber ich hab selbst keine Zweifel an dem, was ich mache. Nichtmal im Entstehungsprozess. Ich mache es halt einfach. Musik kann nicht jedem gefallen, dessen muss man sich auch bewusst sein. Es ist immer Geschmackssache. Und deswegen bin ich sehr zufrieden mit den Plattformen, die sich mir erschlossen haben. Und ich bin sehr stolz auf das, was ich erreicht habe, egal wie bekannt oder unbekannt ich bin.

Ein gewisser innerer Frieden spricht aus ihm, gepaart mit dem ständigen Drang, weitermachen zu wollen. Das ist: sympathisch. Wolfgang Petry hat mal gesagt: „Wenn ich am Abend vor 1000 Leuten spiele und nur einem hat es gefallen, dann hab ich schon alles richtig gemacht.“ Vielleicht war es auch Herbert Grönemeyer. Ich weiß es nicht mehr. Einer von den beiden war es.

Wie kam es denn dazu, dass du Musik gemacht hast und letztlich auf die Bühne gingst, um die anderen Menschen zu präsentieren?
Es kam nicht dazu, es war einfach so.
Wie jetzt?
Ich hab als Kind immer gespielt, in der „ZDF-Hitparade“ zu sein und sprang auf dem Sofa rum und sang irgendwas und stellte mir vor, ich spreche mit Dieter Thomas Heck. Ich wollte Schlagersänger werden und später Popstar. Mittlerweile reicht es mir, Künstler zu sein, egal, was das bedeutet. Ich hab in den 90ern schon in Bands gesungen und erste eigene Texte geschrieben. Und so kam irgendwie eins zum anderen.
Und du konntest von der Musik nicht lassen.
Weil meine Kreativität eben immer irgendwohin musste. Ich war immer schon kreativ. Ich bin es jeden Tag, weil mir jeden Tag etwas einfällt, was man aufschreiben müsste, um daraus ein Lied oder ein Buch oder einen Film zu machen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es Leuten nicht so gehen kann. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Leute nicht kreativ sein können.
Dennoch war es ja nicht so, als hätte die Welt auf Mave O’Rick gewartet und die Bühnen kamen nicht einfach so zu dir vorgefahren…
Man schafft sich nach und nach einen Kreis, ein Umfeld, wo man das machen kann, was einem vorschwebt. Und mit Glück und Kontakten findet man eben auch jemanden, der sagt „Ich finde das, was du machst, ganz gut und werde dir dabei helfen“ – so war es eigentlich auch bei mir. Und so fängt man irgendwie klein an und guckt, was danach passiert und wie es weitergeht. Wenn man einen Raum betritt, gibt es immer neue Türen, die man öffnen kann. Also: wenn man den ersten Kontakt oder den ersten Auftritt hat, gibt es wieder neue Möglichkeiten, Chancen, Optionen. Dann liegt es an einem selbst, ob man diese nutzt.
Wie „klein“ bist du angefangen?
Mein erster Auftritt als Mave O’Rick war am 21. Juni 2008 auf einem Sommerfest einer IKEA-Filiale. Ich trat auf zwischen „Schwedisches Mettwelken“ und den „Astoria Flashdane Tänzerinnen“. Es sollte vermutlich „Flashdance“ heißen, aber das C kam den Tänzerinnen irgendwie abhanden auf den Ankündigungen. Ach ja, „Regal-Wettschrauben“ gab es auch noch. Irre.
Hätte die nächste Tür danach nicht irgendeine Casting-Show sein können, um die Bekanntheit zu steigern?
Nein, das kam nie in Frage. In diesen ganzen Casting-Formaten geht es ums Geld verdienen, nicht um den Menschen. Und keiner garantiert dir, dass du danach erfolgreich bist. Es interessiert dann eh niemanden mehr, weil kurz danach die nächste Show beginnt, das ist ja mittlerweile ein ewiger Kreislauf.
Es gibt aber auch ein paar positive Beispiele, es gibt ja Castingshow-Teilnehmer, die Musik machen und davon leben können. Denen hat Casting nicht unbedingt geschadet.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Lenas Teilnahme am ESC-Casting hat ihr sicher nicht geschadet, aber das ist ja die Über-Ausnahme. Die spielte danach ja nicht nur Bundesliga, sondern wurde direkt Weltmeister. Das Gefährliche an Castingshows ist ja, dass die Teilnehmer so hochgejubelt werden und direkt zum „Superstar“ gekürt werden. Danach kann es ja nur noch bergab gehen. Die haben sich nicht alles von unten erarbeitet und sind klein angefangen: die wurden direkt gehypet. Der Fall ist dann umso härter, wenn du als junger Mensch merkst, dass dir eben irgendwann doch nicht mehr alle zujubeln, weil grad der neue „Superstar“ gewählt wird. Wie soll man sowas verarbeiten können? Ich finde das menschenverachtend und wollte nie Teil davon sein. Egal, ob es „DSDS“ oder „The Voice of Germany“ ist: es ist überall der gleiche Mechanismus. Im Fokus steht die Jury. Wichtig ist dort vor allem, dass die Jury-Mitglieder ihre Platten promoten und verkaufen können. Was die Kandidaten künstlerisch da anzubieten haben, ist bestenfalls zweitrangig.
Ein kategorisches Nein zu Casting-Formaten…
Ja, in jeder Hinsicht. Ich schaue da auch nicht mehr zu, weil es mich schon in künstlerischer Hinsicht nicht interessiert. Es langweilt mich, wenn da irgendwer Sarah Connor oder Whitney Houston nachsingt. Mich würde eine Show interessieren, in der junge Musiker ihre eigenen Songs präsentieren und darüber dann abgestimmt wird.
Gute Idee.
Ich hab zwar keine Ahnung vom TV-Geschäft, aber ich glaube, so ein Format wird es nie geben. Die musikalischen Plattformen im TV fallen ja eh immer mehr weg. Es gibt keine reine Musikshow mehr, in der Popstars auftreten. Es gibt noch Nebel und Silbereisen, aber „The Dome“ oder „Top of the Pops“ oder sowas: alles weg. Und die Shows, in denen Musik-Acts auftreten, werden auch immer geringer. Es gibt für gute Künstler stetig weniger Platz.
Kann man das Rad zurückdrehen?
Weiß ich nicht. Ich würde mir ja auch die „ZDF Hitparade“ zurückwünschen, aber das wird wohl auch ein Wunsch bleiben, weil sich kein etablierter Künstler mehr einem Wettbewerb stellen will. Oder weil die Plattenfirmen das nicht wollen. Wahrscheinlich müssen wir damit leben, dass es in der großen Öffentlichkeit für gute Künstler eben weniger Plattformen gibt. Aber ich finde das schade.

Vielleicht eröffnen sich durchs Schreiben ja neue Perspektiven und Plattformen. Mave O’Rick jedenfalls ist unter die Autoren gegangen. Über die Plattform www.neobooks.com kann man sich sein Werk bestellen, ein Werk, das sich mal mehr, mal weniger konkret auf sein Album „Tanzflur Master“ bezieht und genauso heißt. Um es extrem kurz zusammenzufassen: Drogen, Sex, Musik. Auf jeden Fall: empfehlenswert.

Das Buch war eigentlich nur für mich gedacht. Das war halt wieder eine kreative Idee, die ich hatte und dann hab ich es einfach geschrieben. Wenn’s jemand liest: umso schöner.
So ein Buch ist ja doch noch was anderes als ein Lied und macht vermutlich mehr Arbeit, oder?
Deswegen hab ich auch nie in Erwägung gezogen, ernsthaft was zu schreiben. Es war auch mehr so ein kleiner Wettbewerb mit meinem besten Freund, der seit 4 Jahren an einer Roman-Idee arbeitet und den ich immer wieder ermuntere, damit weiter zu machen. Und dann dachte ich: ich bin mit meiner Idee sicher schneller fertig. Tja, was soll ich sagen: ich hab gewonnen.

Sie sind trotzdem noch Freunde. Das kann uns jetzt alle beruhigen.

Ich finde ja, dass es eine coole und neue Idee ist, ein Buch zu schreiben, das auf einem Musik-Album basiert. Es gibt Bücher zum Film, Filme zum Buch, Soundtracks zum Film. Aber ich hörte noch nie von Büchern zum Musik-Album.
Hab ich mir keine Gedanken drüber gemacht. Ich hatte nur schon für das Album eine klare Linie im Kopf, wie ich es haben wollte und was ich erzählen wollte. Und so hatte ich, als ich dann schreiben wollte, auch schon ein grobes Thema im Kopf und zu jedem Song vom Album eben eine Idee zum Kapitel im Buch. Darüber hinaus wollte ich einfach mal aufschreiben, was mich sonst noch so beschäftigt: wie stehe ich zu Religion, wie stehe ich zum Thema Hass, wie sehr verachte ich „Matratzen Concord“. Ich hab mir dazu Stichwortlisten gemacht und die abgearbeitet. So entstand der Roman. Das ist die Selbstverliebtheit, über die wir schon sprachen. Natürlich ist das alles narzisstisch, was ich da mache. Aber ich betrachte mich ja auch nicht als Lehrer oder als jemand, der anderen sagen will, wie die Sachen laufen. Ich versuche mich in gewisser Weise als Spiegelbild: ich nehme in der Gesellschaft etwas wahr und möchte kreativ rüberbringen, wie ich das alles wahrnehme. Aber ich möchte niemandem meine Meinung und Denkweise aufzwingen.
Braucht es eigentlich Mut, um all das zu machen, was du machst?
Warum denkst du, dass das Mut erfordert?
Weil man ja auch immer etwas von sich preisgibt. Man präsentiert sich anderen. Und das, was man sich vorher überlegt hat.
Das macht man aber vorher mit sich klar. Also, dass das, was man da für sich so schreibt, später andere lesen oder hören und ihr Urteil darüber abgeben. Sicher erfordert das etwas Mut. Aber jetzt nicht mehr so sehr, weil ich es schon eine Zeit lang mache. Also… ich hab natürlich noch Lampenfieber, bevor ich auf die Bühne gehe, aber das würde ich nicht mit Mut gleichsetzen. Das ist irgendwie noch was anderes. Wahrscheinlich würde es mir viel Mut abverlangen, eine Rolle zu spielen. Dann würd ich sowas wie Scham empfinden. Aber da ich zu allem stehe, was ich so mache und von mir gebe, spiele ich ja keine Rolle und bin da immer ganz bei mir.

Schluss. Und Aus. Danke, Mave O’Rick. Ach, nein, sechs schnelle Fragen haben wir ja noch.

Wen würdest du gerne mal interviewen?
Madonna. Ich bin Madonna-Fan. Oder, nein, Steffi Graf. Ich bin Tennis-Fan und Steffi Graf ist super. Steffi Graf ist die Antwort auf die Frage. Oder, halt, nein, ich mache ein Doppel-Interview mit Madonna und Steffi Graf. Und beiden stelle ich die gleichen Fragen.
Ein Lied, Buch oder Film passend zu deiner momentanen Lebenssituation?
Meine Lebenssituation ändert sich am Tag 18 Mal, das kann ich nicht beantworten. Aber da ich mich zuletzt sehr mit meinem neuen Album „Neo Intention“ und meinem Buch beschäftigt habe, passt das eigentlich auch sehr gut als Antwort.

Anne Marie David wird auf seinem neuen Album zu hören sein. Französische „Eurovision Song Contest“-Veteranin. Hat irgendwann in den 70ern gewonnen. Mave O’Rick verehrt sie sehr. Und umgekehrt vermutlich auch. Jedenfalls: Anne Marie David. Musste noch kurz erwähnt werden.

Was machst du jetzt direkt im Anschluss?
Ich gehe in die Sauna. Also, wirklich zum Saunieren.
Ja, was denn sonst?
Es ist immer etwas missverständlich, wenn ein schwuler Mann sagt, dass er in die Sauna geht. Aber ich gehe wirklich saunieren. So.
Beste Beleidigung, die du kennst?
Fotze. Fotze ist eine tolle Beleidigung, so kraftvoll. Ansonsten ist natürlich die ultimative Beleidigung: Grand Prix-Fan. Es ist so super, andere zu beleidigen.
Was kannst du mir erzählen, was ich noch nicht weiß?
Der letzte Südafrikaner in einem Grand Slam-Finale war Kevin Curren. Er verlor im Wimbledon-Finale 1985 gegen Boris Becker.
Das impliziert, dass es auch einen ersten Südafrikaner gab.
Woher soll ich das bitte wissen?
Was darf ich dir wünschen?
Viel Spaß in der Sauna.