Dienstag, 8. Dezember 2015

Ich frag mal nach... bei Charlotte Schwab


Quelle: privat
„Man legt seine Seele offen. Anders geht es nicht.“


Charlotte Schwab und ich haben viel gemeinsam. Glaub ich. Auf jeden Fall teilen wir die Liebe zum tollsten Fußball-Verein der Welt. Charlotte Schwab, Schauspielerin, Drehbuch-Veredlerin, Theater-Ikone: sie liebt Sport, Fußball, den SportClub Freiburg. Einschränkung: sie liebt Sport, wenn nicht grad Boxer, Radrennfahrer oder Formel1-Piloten beteiligt sind. Wieder eine Gemeinsamkeit.
Charlotte Schwab wollte ich eigentlich nur zum SC Freiburg befragen und Charlotte Schwab stimmte zu. Lässt, zum Glück, wenig Gelegenheiten aus, den SC in der Öffentlichkeit in höchsten Tönen zu loben. Es ist: echte Liebe. Gibt es nicht nur im Ruhrgebiet. Auch im Schwarzwald. Und überhaupt redet sie gerne über Fußball, lud mich also nach Basel ein. Da kommt sie her, da wurde sie vor 63 Jahren geboren. Basel ist ganz bestimmt mehrere Reisen wert, für mich aber trotzdem zu weit. Auch eine Einladung nach Hamburg zerschlägt sich. Hamburg: Wahl-Wohnsitz Charlotte Schwabs, Tor zur Welt, ich bedaure ein wenig, dass es mit dem Treffen dort nicht klappt. Dafür darf ich mit ihr telefonieren, 11 Uhr morgens, bei Frau Schwab wird gesaugt. Bald gibt ihr Telefonakku den Geist auf, bald klingt der Paketmann, sie und ich: wir verquatschen uns. Wahrscheinlich stehle ich ihr die Zeit, von der hat sie, vielbeschäftigt, wenig. Ich bin ein Tagedieb, zu stören scheint es sie kaum, sie bleibt die gesamten fast 3 Stunden ausnehmend freundlich.


Die beste Geschichte, die Sie erzählen können, Frau Schwab?
Ich war in Hamburg einkaufen, im Karstadt, als mich eine rumänisch aussehende Bettlerin anspricht. Sie hatte ein Kind dabei. „Du mir geben Geld!“ Ich sage freundlich aber bestimmt: „Nein.“ Sie scheint es nicht zu verstehen und bohrt weiter, läuft hinter mir her. „Du mir geben Geld!“ Mir ist das zu penetrant, ich bleibe beim „Nein“. Bis sie irgendwann sagt „Du mir geben Geld! Du reiche Frau, du Cobra11!“

Klar, ein Gespräch mit Charlotte Schwab ohne einmal die Serie „Alarm für Cobra11“ zu erwähnen: geht nicht. Es ist eine der langlebigsten Serien im deutschen Fernsehen, oft belächelt, trotzdem Woche für Woche von Millionen geschaut. Charlotte Schwab spielte dort die Kriminaloberrätin Anna Engelhard, eine wiederkehrende Rolle, mit der sie sich ins kollektive Gedächtnis spielte und die, so könnte man sagen, Wegbereiter war für eine seitdem andauernde Fernsehkarriere. Nach 163 Folgen war für sie dort Schluss. Zehn Jahre lang stand sie für die Erfolgsreihe „Das Duo“ vor der Kamera, sie war Lolles Mutter in „Berlin Berlin“, sie spielte im „Tatort“, bei „Danni Lowinski“, bei den ZDF-„Herzensbrechern“. (Das ist übrigens die beste Serie der Welt, falls Sie mal jemand fragen sollte. Gut, dass wir drüber geredet haben.)
Wenn Charlotte Schwab nicht grad für Filme und Serien vor der Kamera steht, spielt sie Theater. So fing alles an. Das erste Engagement in Deutschland hat die gebürtige Schweizerin 1974 in Trier. Und spielt fortan an allen großen Häusern, wird mehrfach zur „Theater-Schauspielerin des Jahres“ gewählt. Den Sprung ins Fernsehen vollzieht sie Erst Mitte der 90er Jahre. Ohne das Theater Theater sein zu lassen. Eine große Karriere. Sprechen wir drüber.

Sie werden noch oft auf „Cobra11“ angesprochen, oder?
Immer mal wieder. Die Serie ist ja zum Kult geworden. In Italien läuft jeden Tag „Cobra11“, hier in Deutschland laufen jede Woche auf RTL Nitro Wiederholungen, soweit ich weiß. Obwohl ich für diese Serie nun schon einige Jahre nicht mehr drehe, spricht man mich immer noch darauf an.
Die Rolle hat Sie bekannt gemacht.
Ja, weil es jede Woche zur besten Sendezeit lief. Ich hab teilweise parallel auch die Reihe „Das Duo“ gemacht, auch erfolgreich, aber davon liefen immer nur zwei, drei Filme pro Jahr. „Cobra11“ war also einfach präsenter.
 
Unter der Hand sagen Kollegen von Ihnen ja gerne mal, dass sie keine Serie machen wollen. Zumindest keine so langlebige und dann womöglich noch in einer Hauptrolle…
Jeder Schauspieler will natürlich am liebsten nur große Kinofilme drehen. Die Realität sieht aber anders aus: es gibt zig tolle Kollegen, die Schwierigkeiten haben, Rollen zu bekommen und lange nicht drehen können. Man kann also nicht so vieles absagen. Natürlich: wenn man es sich leisten kann und das finanziell so durchziehen kann, ist es ja schön. Ich hingegen habe überhaupt keine Dünkel gehabt, bei „Rosamunde Pilcher“ oder „Alarm für Cobra11“ mitzuspielen.
 
Man unterscheidet ja da gerne zwischen E und U, ernst und unterhaltsam. Das eine ist super und hohe Kunst, das andere eher nicht so.
Und diese Unterscheidung ist ja Quatsch. Sowas gibt es wahrscheinlich in der Form nur in Deutschland. In den USA mit Sicherheit nicht. Mir ist es egal, ob etwas E oder U ist. Mein Bestreben war immer: alles, was ich mache, mache ich so gut ich kann.
 
Sie sind erst spät zum Fernsehen gekommen.
1996. Ich fing damit also in einem Alter an, wo die meisten Frauen schon wieder aufhören müssen, weil es keine Rollen mehr gibt. Ich hatte damals einige Kollegen am Theater, die mir sagten „Tu es nicht, du bist zu alt.“
 
Wie charmant.
Aber sie kannten die Branche, weil sie selbst schon für das Fernsehen gearbeitet haben.
 
Sie zogen es trotzdem durch.
Ja, weil es einfach eine Notwendigkeit war. Ich war vom Rhythmus am Theater müde und ausgelaugt. Und letztlich auch nicht mehr motiviert. Ich hatte das zu dem Zeitpunkt schon 24 Jahre gemacht, geprobt, gespielt, geprobt, gespielt, die ganze Woche. Das zehrt irgendwann aus. Nach meinem Ausflug ins Fernsehen und zum Film hab ich dann auch erstmal 5,6 Jahre nicht mehr Theater gespielt, weil es mir einfach auch zu viel Stress war, an einem Tag in Köln vor der Kamera zu stehen, am nächsten Tag in München auf der Theaterbühne und dann wieder zurück nach Köln. Das ging nicht mehr.
 
Aber Theater spielen Sie mittlerweile wieder sehr leidenschaftlich.
Theater war ja auch von Kindesbeinen an meine große Liebe. Das gibt man nicht so einfach auf. Und ich hab das Glück, dass ich jetzt das eine tun kann, ohne das andere lassen zu müssen. Ich hatte im Juli Premiere im Residenztheater München, im Stück „Eine Familie“. Das spiel ich jetzt zwei, drei Mal im Monat und werde das hoffentlich auch noch die nächsten Jahre so machen können.

Fiel die Umstellung, der Wechsel von Theater zu Fernsehen, leicht?
Oh nein, das sind im Grunde zwei verschiedene Berufe. Im Theater ist das Entwickeln einer Rolle spannender, man hat dafür mehr Zeit und viel mehr Gelegenheit durch die Proben. Beim Theater ist es mehr Gemeinschaft. Beim Drehen muss man auf den Punkt konzentriert sein, weil man am Set die meiste Zeit eigentlich nur wartet. Letztlich ist es mehr ein Denken als ein Spielen, während ich beim Theater den ganzen Saal erreichen muss. Beim Drehen ist man ja unter sich, sozusagen.
 
Was ist Ihnen lieber?
Müsste ich mich entscheiden: Theater. Muss ich aber nicht.
 
Ihre erste TV-Rolle war dann aber nicht in „Alarm für Cobra11“?
Nein, das war der Film „Die Konkurrentin“. Ein mutiger Film. Ich spiele eine Unternehmensberaterin, verheiratet, zwei Kinder, und bekomme eines Tages eine neue Kollegin, die offen lesbisch ist. Wir verlieben uns ineinander. Das Mutige an dem Film war, dass die Figur, die ich spiele, eben nicht am Ende zu ihrer Familie zurückkehrt, sondern dass sie bei ihrer neuen Liebe bleibt. Das war 1997. Wäre aber heute immer noch mutig, weil das TV-Publikum so auf Happy Ends konditioniert ist. Der Film ist übrigens nie wiederholt worden.

Und es gibt ihn nicht auf DVD. Aber filmaffine Menschen haben diesen 90Minüter bei YouTube online gestellt, wo man ihn sich in 9 Teilen ansehen kann. Ob man das noch will, nachdem wir das Ende verraten haben, ist zumindest zweifelhaft. Und ich bin der Überzeugung, dass kein Mensch wirklich so lange Filme auf YouTube gucken will. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass „Die Konkurrentin“ sich lohnt. Frau Schwab, das mag überraschen, auch.

Sie sagten vorhin, dass es für Frauen ab einem gewissen Alter keine Rollen mehr gibt…
Und wenn, dann werden sie von Kolleginnen gespielt, die schon seit vielen Jahren im Geschäft sind und deren Boden Film und TV ist. Das ist aber auch okay, da schwingt bei mir kein Neid mit – nur die ein oder andere Rolle hätte ich auch gerne gespielt. Dafür kann die ein oder andere Kollegin kein Theater spielen. Theater ist mein Boden.
 
Ist es also im Grunde auch eine Notwendigkeit, dass Sie nach Ihrer angesprochenen Theaterpause wieder dorthin für diverse Ausflüge zurückgekehrt sind?
Kann man so sagen. Im Fernsehen ist irgendwann ein Jugendwahn ausgebrochen, es ist tatsächlich so, dass gute, interessante, spannende Rollen für Frauen in meinem Alter rar sind. Aber vielleicht kriegen andere Schauspielerinnen auch einfach davon mehr, weil ich eben auch nicht in der „Bunte“ oder der „Gala“ stehe. Ich will es auch nicht. Mein Privatleben geht nur mich und meine Familie und Freunde was an. Aber wenn man keinen Gossip liefert, wird man oft nicht so wahrgenommen.
Ihre Kollegin Barbara Freier hat das sehr ähnlich geschildert und daraus die Konsequenz gezogen, einfach gar nicht mehr zu drehen und, Zitat, „dem Gewerbe beim Abkacken zuzusehen“.
Das kann ich nachvollziehen. Die Kollegin hat ja auch viel Fernsehen gemacht und Hauptrollen in großen Serien gespielt, das ist gut, da kann man sich ein finanzielles Polster zulegen. Das ist das, was ich jungen Kollegen immer sage: legt euch was beiseite. Geld soll man zwar auch ausgeben und das ist ja sicher auch gut und richtig, aber wenn man die Chance hat, was beiseite zu legen, muss man das in diesem Beruf tun, um sich solche Freiheiten wie Barbara Freier nehmen zu können. Generell muss man übrigens sagen: Film & Fernsehen zahlt besser als Theater. Was natürlich ungerecht ist, dass da Kollegen mit einem überschaubaren Monatsgehalt, bei Festanstellung, nach Hause gehen. Am Theater arbeitet man letztlich auch mehr und härter. Auch deswegen ist das Drehen für Film & Fernsehen eben eine Notwendigkeit. 

Barbara Freier kritisierte vor allem, dass sie nach ihrem Ausstieg aus einer langlebigen Serie keine Rollen mehr bekam. Und dann war es auch noch eine RTL-Serie. Da sind schon Ähnlichkeiten zu Ihnen, oder?
Naja, mir ist dieses Schubladendenken zum Glück nie so begegnet. Aber ich weiß natürlich, dass es sowas gibt. Mir ging es nicht so arg nach meinem Ausstieg bei „Cobra11“, vielleicht auch, weil ich parallel immer noch andere Projekte hatte.
 
Gibt es denn überhaupt noch gute Rollen für Sie und Kolleginnen, die im gleichen Alter sind?
Naja, gute Stoffe gibt es viele. Beziehungsweise werden es wieder mehr. Die deutsche Serie oder der deutsche Film sind ja wieder im Aufwind. Der Montagsfilm im ZDF, der Filmmittwoch im Ersten und so weiter. Haben Sie mal „Club der roten Bänder“ gesehen?
 
Das ist so toll.
Ja. Das sollte uns doch allen Mut machen. Es gibt tatsächlich wieder gute Serienstoffe, die die Leute ja auch sehen wollen.
 
Welchen Rollen würden Sie gern noch spielen?
Irgendwas zum Thema Demenz oder Alkoholismus würde mich reizen. Weil man da tatsächlich spielen kann. Oder zum Thema Transsexualität, wo die Geschichte hinter der Geschichte erzählt wird. Wie lebt man dann eigentlich damit, wie geht die Gesellschaft damit um? Mich würden auch Geschichten reizen, die zeigen, dass nicht alle erfüllten Sehnsüchte glücklich machen.
 
Was waren die besten Rollen, die Sie gespielt haben?
„Die Konkurrentin“, weil es so mutig war. Dann fällt mir ad hoc noch „Stille Nacht, heilige Nacht“ ein. Ein Thriller, der vermutlich kurz vor Weihnachten jetzt wieder irgendwo läuft. Und auch „Das Duo“ hab ich immer gerne gemacht, wir hatten immer gute Bücher und gute Regisseure.

Jetzt: Themawechsel. Ich könnte mit Schauspielern stundenlang über Rollen und Filme und Serien sprechen. Geht aber nicht. Sprechen wir daher lieber über: Max Simonischek. Sohn von Charlotte Schwab aus erster Ehe. Selbst Schauspieler. Theater und Fernsehen. Wie seine Eltern. War unter anderem im preisgekrönten Mehrteiler „Hindenburg“ zu sehen.

Wie war das, als Ihr Sohn Ihnen eröffnete, Schauspieler werden zu wollen?
Ich war am Boden zerstört.
 
Wirklich?
Nun, ich hatte immer versucht, ihn vom Theater fernzuhalten. Einfach schon, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie das ist, wenn man Blut leckt. Aber ihn hat natürlich sein Elternhaus geprägt, so wie das nunmal ist. Ich hab es dann auch nicht immer geschafft, Max vom Theater fernzuhalten. Und er hat tatsächlich Blut geleckt. Er fragte auch „Braucht ihr denn keine Kinderstatisten?“ Natürlich brauchten wir die ab und zu, aber ich hab es ihm nicht gesagt. Aber der Hauptgrund, warum ich von seinem Berufswunsch nicht begeistert war, ist: ich kenne die Härten des Berufes. Sowas will man ja seinem eigenen Kind nicht zumuten.
 
Aber Max hat es durchgezogen. Abgebracht von seinem Berufswunsch haben Sie ihn also nicht.
Schauen Sie: für diesen Beruf muss man brennen, das ist eine wichtige Voraussetzung. Wenn jemand dafür brennt, kann man ihn nicht davon abbringen. Wir haben aber alle viel mit Max geredet und ihm klargemacht: nur, weil es bei uns ganz gut läuft und wir unseren Beruf regelmäßig ausüben dürfen, heißt das nicht, dass es auch bei dir erfolgreich wird. Max hat dann eine klassische Ausbildung am Mozarteum in Salzburg gemacht. Als ich dort bei seiner Abschlussprüfung sah, dass er wirklich begabt ist, war ich beruhigt. Er hat die Präsenz, er hat das Talent. Und das war für mich schön zu sehen.
 
Ihr anderer Sohn ist Jurist.
Ohja, darauf bin ich auch sehr stolz. Es ist wichtig, einen Juristen in der Familie zu haben. Wenn ich mal völlig umnachtet irgendwen schlimm beleidige oder so, kann mein Sohn mich vor Gericht raushauen.
 
Was sind die Härten Ihres Berufes?
Es fängt damit an, dass man überhaupt Arbeit kriegen muss. Man schreibt nach der Schauspielschule 30,40 Theater an, um überhaupt dort mal vorsprechen zu dürfen – und nur zwei Theater antworten. Und wenn man spielen darf, riskiert man auch sehr viel. Man ist ständiger Kritik ausgesetzt, was schon in den Proben anfängt und irgendwann vielleicht mit einem bösen Verriss beim Feuilleton aufhört. Und in diesem Beruf ist es so, dass man jedes Mal seine Seele offenlegt. Anders geht es nicht.  
 
Also ist im Grunde nur die Begabung auch nicht alles?
Nein, nur mit Begabung und Präsenz geht es nicht. Dieser ganze Beruf besteht aus Seele, Kopf und Körper. Das sind unsere Materialien, unsere Instrumente, die wir einsetzen. Talent ist letztlich nur ein Überbegriff für solche Dinge wie Emotionalität, emotionale Intelligenz, Sprachbegabung und so weiter. All das braucht man, um in diesem Beruf arbeiten zu können. Und man braucht Stärke, um sich mit den Härten dieses Berufes arrangieren zu können. Und das allerwichtigste, was man braucht, ist Glück.

Quelle: scfreiburg.com
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Mit konstruktiver Kritik setze ich mich gerne auseinander. Wenn mir nach einer Vorstellung Freunde oder Kollegen sagen, was Ihnen nicht gefallen hat, hat das für mich viel mehr Wert als eine böse Kritik im Feuilleton. Mit dem Feuilleton kann ich nicht diskutieren, die Kritik steht unbeantwortet im Raum. Das kann mich schonmal ein, zwei Tage beschäftigen, aber dann ist es auch wieder gut. Ich kann damit leben, wenn einem Kritiker ein Stück nicht gefällt. Man muss eben lernen, auch andere Sichtweisen zu akzeptieren. So begreife ich Arbeit überhaupt: es gibt unterschiedliche Sichtweisen und man versucht gemeinsam, einen Weg zu finden. 

Und wie ist es mit Ihnen? Üben Sie schonmal Kritik an Drehbüchern oder der Inszenierung?
Ohja, ich bin eine furchtbare Einmischerin. Ich bin auch eine Rechthaberin. Weil ich meinungsstark bin. Ich kann ganz schlecht mit meiner Meinung hinterm Berg halten.
Wann haben Sie Sich zuletzt eingemischt und Ihre Meinung gesagt?
Das war nicht beruflich, da ging es um die Flüchtlingsdiskussion. Da hört und liest man so viele schlimme und traurige Sätze. Neulich sagte jemand: „¾  der Flüchtlinge, die jetzt zu uns kommen, sind ungebildet.“ Darauf sagte ich: „Na und? ¾ aller Deutschen sind auch ungebildet.“
 
Sie streiten gerne, oder?
Streit und Auseinandersetzungen sind was Gutes. Wenn man auch zugeben kann, wenn man Unrecht hatte. Das kann ich. Ich bin ein Bauch/Herz-Mensch und muss viele Dinge erstmal in meinem Kopf ordnen. Ich suche den Streit nicht bewusst, ich gehe aber auch nicht weg, wenn es Diskussionen gibt. Dann sag ich meine Meinung. Und änder sie auch wieder, wenn es sein muss. Je älter man wird, desto öfter wechselt man ja seinen Standpunkt.
 
Man lernt ja auch ständig dazu.
Genau. Ich hab allein durch meinen Beruf so viel gelernt. Wie oft hab ich früher gesagt: „Haut die Bullen platt wie Stullen.“ Später hab ich selbst Polizistinnen gespielt. Und heute sag ich: Gott sei Dank haben wir die Polizei. Ich möchte den Job auch nicht haben. Aber ich möchte noch kurz klarstellen, dass ich mich auch immer nur dann einmische, wenn ich von etwas Ahnung habe und meine, etwas dazu sagen zu können. Wenn ich mal keine Ahnung habe, mach ich mich zu dem Thema schlau, damit ich beim nächsten Mal was dazu sagen kann. Ich lese mir Wissen an.
 
Lesen ist wichtig.
Es ist so eine Art Flucht. Es löst in mir immer eine Faszination aus, wenn ich über etwas lese, womit ich eigentlich nichts zu tun habe. Deswegen bin ich auch als Kind und Jugendliche schon zwei, drei Mal ins Theater gegangen. Weil mich die Geschichten so sehr fasziniert haben. Und die Geschichten dahinter. Und so kam der Berufswunsch: ich höre gerne Geschichten, wollte aber selbst auch Geschichten erzählen können. 

Sie sagten vorhin, es brauche für diesen Beruf vor allem Glück. Würden Sie sagen, dass sie Glück gehabt haben?
Ja. Ja, ich hab in entscheidenden, wichtigen Momenten oft sehr viel Glück gehabt.
 
Das kam jetzt etwas zögerlich.
Weil ich natürlich auch Unglücke erlebt habe. Aber die gehören zum Leben dazu und dienen der Charakterbildung. Aber insgesamt gesehen: ich habe Glück und ich bin dafür sehr dankbar.


Was für ein schönes Ende. Aber der geneigte Leser weiß: hier kommt noch was. Nämlich ein Programmhinweis. Charlotte Schwab ist am 10.12. in „Mord in bester Gesellschaft“ (ARD) zu sehen und am 19.12. bei „Herzensbrecher – Vater von vier Söhnen“ im ZDF.
Und jetzt beantwortet sie noch sechs Fragen. Los geht’s.

Wen würden Sie gerne mal interviewen?
Gregor Gysi. Den find ich faszinierend. Sympathisch, klug, witzig. Oder Jan Philipp Reemtsma. Auch ein faszinierender Mensch.
Ein Lied, Buch oder Film passend zu Ihrer momentanen Lebenssituation?
Das ist schwer… Ich höre derzeit gerne Adele, aber das „21“-Album. Diese Stimme und diese Melodien begeistern mich.
Was machen Sie jetzt direkt im Anschluss?
Fitness.
Ach, das klingt nach so wenig Spaß.
Es muss aber sein. Ich muss ja nächste Woche wieder ins Kostüm passen. Ich war jetzt eine Woche in Italien und hab es mir gutgehen lassen und dann war ich vor zwei Tagen noch in Dortmund beim Fußball, wo es Bier zum Frühstück gab. Also muss Fitness jetzt sein.
Beste Beleidigung, die Sie kennen?
Hoffentlich liebt dich wenigstens deine Mutter.
Schonmal jemandem gesagt?
Klar.
Kam das gut an?
Bei Menschen, die Humor haben, kommt das gut an. Bei demjenigen kam es nicht so gut an.
Was können Sie mir erzählen, was ich noch nicht weiß?
Ich ordne jedem Buchstaben eine Farbe zu.
C?
Weiß.
S?
Auch weiß. Das ist interessant, dass meine Initialen weiß sind, obwohl schwarz meine Lieblingsfarbe ist. Ja, ich weiß, schwarz ist keine Farbe.
Lieblingsbuchstabe?
Das S. Es hat so eine schöne runde, weibliche Form.
Woher kommt das, dass Sie einem Buchstaben eine Farbe zuordnen?
Weiß nicht. Es war schon immer so. Also, seit der Kindheit. Interessant ist auch, dass ich zwar spontan sagen kann, welcher Buchstabe welche Farbe hat, aber umgekehrt geht das nicht.
Was darf ich Ihnen wünschen?
Gesundheit und Glück.
Dann wünsche ich Ihnen das. Und bedanke mich für die Zeit, die Sie Sich genommen haben.
Was darf ich denn Ihnen wünschen?
Ich glaub, Gesundheit und Glück nehm ich auch.
So sei es. 


Der geneigte Leser möchte wissen, wie sehr Charlotte Schwab den Fußball und den SportClub Freiburg liebt? Das ist nachzulesen. Und zwar im "SC Freiburg Fanbuch".